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Rock’n Rolldie

Quarantäne statt durchstarten. Beware of the 13th.

“Wie hast du das denn geschafft?”, fragt die Schwester. Die Frage zielt in die falsche Richtung. “Alle werden sich infizieren”, prophezeit Klaus Stöhr. Und wer jetzt noch freiwillig am Maskentragen und Abstandhalten festhalte, verzögere das Ende der Pandemie. “Das Virus kommt durch jede Türritze”, unkt der Bruder. Stimmt genau. Es lauert unter der Fußmatte auf seinen Einsatz.

Dabei hat das erste Quartal des Jahres auch ohne Virusattacke schon einiges aufgeboten: früh im Januar eine vielversprechende Pace auf der HM-Distanz und ein neues Wildpferd aus der Herde derer von Croÿ, das ungeduldig mit den Hufen schart, als die ersten Sonnenstrahlen den sonst so trüben Winterhimmel aufklaren. Habe ich (mich) auf’s falsche Pferd gesetzt? Der ungestüme Wildfang bricht in einer vereisten Kurve aus und mir den Helm. Erinnerungslücke zirka 300 Meter.

Früher bist du aufgestanden, hast dich kurz geschüttelt und alles war gut, hat G. gesagt. Heute setzt du dich verwundert auf dein Rad, fährst noch 30 km nach Hause und realisierst erst eine Woche später, dass die Explosion aus Schlag und Gegenschlag in deinem Kopf ein Fall für den Notarzt gewesen wäre. Und an welch seidenem Faden das Leben zuweilen hängt. Ganz ungeachtet der trotz isolierter Winterkleidung tiefen Schürfwunden, der Prellungen und Zerrungen. Die Blutschicht im Gehirn fordert ihren Tribut mit einem Kissenstapel des Nachts und  des Tags Bewegung ohne jegliche Erschütterung für die nächsten drei Wochen.

Was soll’s. Die Hammer Winterlaufserie ist ohnehin abgesagt, als nächster HM-Wettkampftermin steht erst der 19. April im Terminkalender. Der geplante Rennradurlaub Ende März in der Pfalz soll das verpasste Intervalltraining kompensieren und für die nötige Kraftausdauer sorgen. Und wie bestellt, lockt zur Mandelblüte das frühsommerliche Wetter an der Weinstraße mit grandiosen Erfolgs-Aussichten.

Doch dann der Wetterumschwung über der Haardt. Der Himmel trübt sich ein, die Wolken hängen tief. Der Berg ruft gleichwohl und hüllt uns früh am Morgen dicht in seinen  kalten Atem. Wir treten ein in eine mystische Welt aus Farnen, Felsen und Elwetritschen. Die Abfahrt nah am Gefrierpunkt ohne Mütze und ohne Gedöns ist grenzwertig. Die Sauna wird es später wieder richten.

Später schneit es. Die Stute wird ruhiger, die Wanderstiefel stehen zuhause im Schrank und wer weiß – womöglich ist Mallorca für nächstes Jahr doch eine Option.

Und jetzt heißt es erst einmal Quarantäne, denn kaum ein paar Tage später aus dem Urlaub zurück wirft der Körper Symptome aus, die als Infektion mit “SARS-CoV-2″ identifiziert werden und infolgedessen direkt in die häusliche Isolierung führen. Kontaktrückverfolgung ausgeschlossen bei rund vierstündiger Rückreise in öffentlichen Verkehrsmitteln und anschließendem Express-Einkaufen in stark frequentierten Discountern.

Es beginnt mit unspezifischer Müdigkeit und Gliederschmerzen.  Vorübergehend macht sich jede einzelne Zahnwurzel und jede Narbe bemerkbar, selbst die kürzlich erzeugten Touchpoints im Gehirn bleiben bei der Customer Journey des Corona-Virus nicht unentdeckt. Das Virus sucht sich genau die Baustelle, wo es besonders effektiv angreifen kann. Multitasking wins. Ein verdächtiges Halskratzen, ein trockener Husten, Schnupfen und Heiserkeit. Fast wie immer. Neu ist ein juckender Hautausschlag und die extreme Schwächung des Herz-Kreislaufsystems unter hoher Viruslast bei scheinbar durch die Impfung unterdrückten Symptomen. Kurzfristig scheint alles für das Virus machbar, aber die körpereigenen T-Zellen siegen schließlich doch.

Draußen siegt der Frühling und in mir der Frust über die auferlegte Isolierung. Wer kontrolliert eigentlich deren Einhaltung? Und wer die Meldepflicht? Ein Grund, warum sich die Omikron-Variante so rasant verbreitet hat, liegt auch darin, dass sich ein Großteil der Infizierten aus Angst vor Quarantäne erst gar nicht positiv PCR-testen lässt. Und ist es nicht genau diese Situation, die Virologe Stöhr meint, wenn er von einer “freien Zirkulation” des Virus spricht?

Immerhin besteht jetzt für den Sommer eine relative Planungssicherheit, die sich doch irgendwie noch nutzen lassen sollte …

Die Pace? Reden wir nicht mehr davon. Nordkirchen im August. Vielleicht.